Tieckow
Tieckow ein Gemeindeteil von Fohrde welches seit 2002 zur Stadt Havelsee gehört.
Der Name Tieckow wurde von einem slaw. Personennamen gebildet, der Tik oder Tyk gelautet hat. Er bedeutet Ort, der nach einem Mann namens Tik oder Tyk benannt wurde.
Der im Kern dörfliche Ort Tieckow liegt auf einem halbinselartigen Sporn der Fohrder Talsandfläche am Ostufer der hier seenartig erweiterten Unteren Havel, deren beide Buchtbereiche Verlandungserscheinungen aufweisen. Abseits der Havel Richtung S, zum Teil von zwei sehr schmalen, bewaldeten Dünenzügen umgeben, liegen am Eisengraben bei 30,8 m ü. NN die wenigen Gehöfte der Kolonie Tieckow. Der Eisengraben bildet die Verlängerung des Schlangengrabens als Teil eines anthropogenen Abflusssystems des Bohnenländer Sees zur Unteren Havel.
Ein Depotfund der älteren Bronzezeit enthielt zwei massive Ringe mit strichverzierten Enden. Unmittelbar westlich des Dorfes liegt am Havelufer auf dem Werder eine ausgedehnte slawische Siedlungsstelle, von der schon seit 1881 ständig Oberflächenfunde abgelesen werden. Neben slawischen Scherben mit Kammstrichmuster und Gurtfurchen des 9. bis 12. Jh. fanden auch viele graubraue und blaugraue, frühdeutsche Keramikreste, die anzeigen, dass hier wahrscheinlich die Vorgängersiedlung des unmittelbar östlich anschließenden Dorfes Tieckow lag.
Im Jahre 1317 übereignete der Bischof von Brandenburg das Dorf Tikow dem Domkapitel Brandenburg. Drei Jahre darauf übergab er ein Dorf namens Slawisch-Tieckow an dasselbe Kapitel. Es haben also im Mittelalter zwei verschiedene, vielleicht eng benachbarte Dörfer des Namens Tieckow bestanden. Welches von beiden, das deutsche oder das slawische, mit dem heutigen Dorf zu identifizieren ist, lässt sich nicht bestimmen. Es scheint jedoch gut möglich, dass Slawisch-Tieckow mit der slaw.-frühdt. Siedlungsstelle auf dem Werder in Verbindung gebracht werden kann. Das märkische Landbuch von 1375 nennt nur noch ein Tieckow mit einer Ackerfläche von zwölf Hufen (SCHULTZE 1940).
Die um 1370 errichtete Tieckower Dorfkirche wird 1385 erstmals urkundlich erwähnt. 1518 wurde das zwischenzeitlich verfallene Gotteshaus neu aufgebaut. Marodierende Schweden sollen im Dreißigjährigen Krieg die Kirche zerstört haben, die man danach nicht wieder herstellte. Zu Beginn des 20. Jh. waren noch Fundamentreste zu entdecken (KRAFT 1917). Im Jahre 1417 wurde das Haveldorf von Magdeburgischen Raubrittern geplündert (gepuchtet), die Kirche aufgebrochen und beraubt. Möglicherweise ist das Dorf infolge wiederholter Übergriffe wüst gefallen. Nach 1417 war das Brandenburger Prämonstratenserstift St. Marien auf dem Berge in Besitz der wüsten Dorfstätte. Anfang des 16. Jh. wurde Tieckow neu besiedelt. Aus dem mittelalterlichen Dorf entwickelte sich zaghaft ein Vorwerk (Schäferei), dem sich in der ersten Hälfte des 18. Jh. wieder einige Kossäten und ein Windmüller hinzugesellten, so dass 1800 bereits elf Feuerstellen im Ort gezählt werden konnten. Eine davon lag unzweifelhaft in dem um 1780 errichteten einstöckigen Wohnhaus Alte Tieckower Straße 5, das bis heute den Mantelschornstein über der Schwarzen Küche bewahren konnte, in die freilich vor mehr als 100 Jahren eine preußische Kappe eingezogen wurde. Mit dem beidseitig vorhandenen Krüppelwalm, dem Glattputz und den Fensterläden vor den symmetrisch angeordneten vier Fenstern sowie dem Oberlichtfenster über der zweiflügeligen Haustür (von etwa 1880) besitzt das Haus auch äußerlich eine Fülle reizvoller Bauelemente, so dass das Gebäude zu den wertvollsten Zeugnissen früher Wohn- und Lebenskultur in den Dörfern der Region zu rechnen ist. Wohl Ende des 16. Jh. kam der Ort an die Besitzer des Rittergutes Plaue, bei denen er rund 300 Jahre verblieb. Nahe Tieckow entstand eine Gutssiedlung. 1783 erwarb die Etatsrätin Gräfin Caroline von Eickstedt-Peterswald das Gut Tieckow. Kurz nach 1810 nutzte die Tieckower Bauerngemeinde die Stein-Hardenbergschen Reformen, um der damaligen Besitzerfamilie von der Recke das Rittergut abzukaufen. Anschließend teilten die Bauern die Gutsliegenschaften unter sich auf (FIDICIN 1860).
Im 19. Jh. avancierte in Tieckow wie in anderen Dörfern der Gegend die Ziegelherstellung zu einer wichtigen Erwerbsquelle. 1885 setzte sich der Ort aus vier verschiedenen Siedlungen zusammen, und zwar aus dem eigentlichen Dorf, der Kolonie, dem Vorwerk und der Ziegelei. In der Ortsstatistik von 1931 ist Tieckow als Landgemeinde mit den Wohnplätzen Kolonie und Ziegelei Krahnepuhl aufgeführt (ENDERS 1972).
1950 wurde Tieckow ein Ortsteil von Fohrde. Im Rahmen der administrativen Veränderungen in der DDR wurde Tieckow 1952 gemeinsam mit Fohrde eine Gemeinde des neugebildeten Kreises Brandenburg-Land. In Tieckow wurden im Zuge der Bodenreform 1947 23 ha Land auf 19 neue Eigentümer verteilt. 1958 gründete sich die LPG „Havelstrand“ Typ I. 1972 schlossen sich die LPG von Fohrde, Tieckow und Briest zu der LPG „August Bebel“ Fohrde zusammen.
Auf Grund seiner Nähe zur Stadt Brandenburg und der ruhigen Lage an der Havel konnte Tieckow nicht erst seit 1990 in großem Umfang von der Wohnsuburbanisierung aus Brandenburg an der Havel profitieren. Die Zuzüge konzentrieren sich auf das 6,3 ha große Wohngebiet „Am Kolonieweg“. In dem Gebiet wurden 1993 bis 1996 insgesamt 160 frei finanzierte und geförderte Wohnungen in Geschosswohnungsbau, Einfamilienhäusern, Doppelhäusern und Reihenhäusern errichtet. Rund 400 Einwohner leben heute dort. Der starke Zuzug neuer Einwohner machte die bauliche Erweiterung der Kita in Fohrde erforderlich.
Mit freundlicher Genehmigung von Herausgebern und Verlag entnommen aus:
Brandenburg an der Havel und Umgebung – Eine landeskundliche Bestandsaufnahme im Raum Brandenburg an der Havel, Pritzerbe, Reckahn und Wusterwitz, hg von Sebastian Kinder und Haik Thomas Porada (=Landschaften in Deutschland – Werte der deutschen Heimat, Band 69).
-Böhlau Verlag, Köln/Weimar/Wien 2006, XX, 457 S. 10 s/w- und 70 farb.
Abb. 2 Übersichtskarten in Rückentasche. ISBN 978-3-412-09103-3.
http://www.ifl-leipzig.de/de/publikationen/zeitschriften-und-reihen/landschaften-in-deutschland.html
Tipp: Viele weitere Infos zur Geschichte von Tieckow gibt es auch auf Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Tieckow)